Monday, June 18, 2007

ERSTER SCHNEE AM 25.5.1977

Der Film um den es hier geht heißt 5-25-77.





Es ist ein Auto-Biopic des Regisseurs Patrick Read Johnson.

Selbst strengste Trenner von E und U dürften sich inzwischen unfreiwillig über die Bedeutung dieses Datums (Ja, der Titel stellt ein Datum dar.) bewusst geworden sein. Sogar in der FAZ erschien Ende Mai ein sehr harmloser Korrespondentenbericht über Celebration IV, das Star Wars Fan-Treffen überhaupt, welches in diesem Jahr zum 25. Jahrestag der ersten Veröffentlichung von Star Wars 1977 in L.A. stattfand.
Dieser Bericht war um Einiges unkritischer bezüglich der zahllosen im Darth Vader Kostüm erscheinenden Mitdreißiger und anderen nostalgischen Identitätsentwürfen, denen man bei solchen Treffen begegnet, als alles, was ich zu diesem Thema auf Webseiten gelesen habe, die im MAi '77 eigentlich eine Art Grundsteinlegung erfahren haben. Internetseiten, die im Grunde genommen ein Teil des Star Warsschen Erbes darstellen.

Auf Chud, Aicn, Joblo und anderen Websites, auf denen es von Filmgeeks unterschiedlichster Ausprägungen nur so wimmelt weiß man (mindestens ein Teil der Besucher) doch meistens um die Fragwürdigkeit einer
Dauerkostümierung und Heirat im Darth Vader-Kostüm. Ob der Grund für eher abwertend kritische Beschreibungen solcher Fälle von Nostalgie als Lebenseinstellung, wie sie vor allem auf Chud oft zu finden sind, insbesondere in der durchaus nötigen Abgrenzung der von Star Wars inspirierten aber dennoch in der realen konstruierten Welt angekommenen Filmliebhaber von Jungfrauen im Stormtrooperkostüm liegt? Fest steht, dass zwischen diesen beiden Welten (anthropologisch gesehen sind es wahrscheinlich nicht nur zwei Welten sondern ein ganzes Universum voller Sonnensystemen) ein oder mehrere Unterschiede bestehen.

Der Unterschied zwischen obsessiven Geistern, die sich im Kostüm einer Prinzessin aus weit entfernten Sternensystemen trauen lassen und Menschen, die trotz ihrer Begeisterung für Star Wars auch wieder den Weg hinaus in die verwirrende, unruhige Realität gefunden haben, und zwar basierend auf ihrer Leidenschaft für diesen Film, existiert also. Und er zeigt sich irgendwie auch in unterschiedlichen Produktionen wie FANBOYS (REVENGE OF THE NERDS) und 5-25-77.



Bei diesen Projekten liegt die Vermutung (beide Filme habe ich noch nicht gesehen, hierbei handelt es sich also um eine vollkommen sinnlose pseudo-gesellschaftlich relevante-Untersuchung [mit falsch zusammengesetzten Quasi-Substantiven]) nahe , dass es sich um Filme mit sehr unterschiedlichen qualitativen Ambitionen handelt.
Bei Fanboys scheint es einzig und allein um Obsession zu gehen, die an die Grenze der Legalität führen kann. Ah ja, nicht zu vergessen die Kameradschaft unter den Fans, die Ihrem Freund ermöglichen wollen THE PHANTOM MENACE zu sehen, bevor er an Krebs sterben muss. Sehr solidarisch (Freunde!). Sehr sentimental (Religion: Popkultur der Kindheit). Sehr manipulativ (Krebspatient!). Viel wichtiger als die eh schon bloß auf Staffage bedachten dramatischen Alibi-Ingredienzien Krankheit, Mission, Kameradschaft, sind die 1 Mio. Star Wars Referenzen und Witze. Schön, wenn man darauf Lust hat. Nicht so schön, wenn man sich auf einen rundum zufriedenstellenden Film freut, der sich kreativ der Mittel des Erzählkinos bedient.
Wenn wir Glück haben gibt es ihn jedoch bald für uns. Den Film, der beleuchtet, was jeder, der Filme und den Herstellungsprozess leidenschaftlich liebt, schon einmal gefühlt haben muss. Und andere Wahrheiten.

It is the true story about one of the first people to ever see Star Wars (in its unfinished form) and what that experience did to his movie loving life. And ultimately it is a challenge, the gauntlet being thrown down for a young filmmaker, forcing him to decide between his beckoning dream and the comfort and love to be found in his small town. For Patrick Read Johnson, 5-25-77 is a date looming on the horizon on which he knows he'll be forced to choose between his home and his dream. And that is exactly why this film works.
(Massawyrm über besagten Film)

In dem Konzept von 5-25-77 scheint es um mehr als fade Sentimentalität zu gehen. Sondern um Gefühle, die den Mensch lebendig machen und von denen unsere Existenz abhängt.
Bei FANBOYS scheint nichts von der Magie des Augenblicks enthalten zu sein, die existiert, wenn man vom Unterhaltenen zum Unterhalter wird. Ich glaube man nennt es Inspiration...
When I saw Star Wars, I wanted to be a Jedi, fly an X-Wing, swing a lightsabre. But when he saw Star Wars, he wanted to MAKE people fly X-Wings. More impressive, he kept at it, making a career in the world's most competetive industry.
(Augustus Gloop über besagten Film)

Da steckt etwas Wahres hinter diesem Traum. Manche von uns spürten es als sie ihren ersten großen Film gesehen haben. Diesen Film, nach dem nichts so war wie zuvor. Und es kommt immer wieder. Diese Unruhe in der Magengegend, eine leise Stimme in meinem Kopf, die sagt: Ich will auch so was machen.
Es war der Film, der mich in die Kunst des Kinos einführte, Indiana Jones....., bei dem ich mir das erste Mal die Frage nach dem Urheber solcher Wunder, wie sie sich vor mir auftaten, stellte. Und es war das erste Mal, als sich der Wunsch festsetzte Menschen mit bewegten Bildern und Geschichten zu unterhalten.
Das Gefühl auch Menschen zum Fliegen bringen zu wollen.
Auch jetzt noch bekomme dieses Gefühl jedes Mal wenn ich etwas ansehe, dass von unschätzbarer durchdachten Kreativität ist. Egal ob das eine gute Folge von Lost, Battlestar Galactica, bei 2001, Indiana Jones oder einem Film von Godard ist. Es geschieht durch unterschiedliche Mittel und Wege aber verursacht dasselbe Gefühl.

Wenn 5-25-77 diese Situation und einige andere mehr (wahrscheinlich: Einsamkeit, Außenseitertum* und so weiter) ernsthaft thematisiert freue ich mich darauf, den Film in mindestens zwei Jahren beim Saturn in irgendeiner Ecke liegen zu sehen. Das Größte wäre natürlich, wenn sich, bevor ein schrecklich unwürdiges DVD Cover für 5-25-77 entwickelt wird, ein Kinoverleiher finden würde.
Nebenbei bemerkt sollte dieser Film doch auch eine wichtige Entdeckung für Institutionen wie das Deutsche Filmmuseum bzw. Filminstitut sein. Wie wäre es mit einer Vorführung dieses Films zusammen mit Streifen wie Cinema Paradiso und Raider Of The Lost Ark: The Adaptation im Rahmen einer Ausstellung über Film und Inspiration.

Das Wahre des Traums, den wohl auch P.R. Johnson hatte, besteht darin, dass die Möglichkeit besteht nach ihm strebend das eigene Leben zu verändern, sich zu entwickeln. Dies ist der Gegensatz zur unendlichen Rekursivität, die in fanatischen Fetischgeschichten wie FANBOYS erzählt zu werden scheint.
Patrick Read Johnsons Reise nach Hollywood bracht ihm -falls Ihr es nicht selbst auf der imdb nachlesen möchtet- unter anderem Storycredit für Spaced Invaders, Angus, Dragonheart und dem zur Zeit in Babelsberg filmendem Speed Racer der Wachowski Geschwister ein. Bei Angus und Spaced Invaders führte Johnson auch selbst Regie. Ich hab keinen dieser Filme gesehen. Ein Imdb Poster erwähnt interessanterweise jedoch auch eine Beteiligung Johnson's an der isländischen Kinderserie LazyTown.

Einen echten Trailer mit tatsächlichen Filmausschnitten gibt es jetzt auch:




Irgendwie gibt das den Anlass auf mehr zu hoffen als nostalgisch rückgewandte Jungenphantasien à la FANBOYS...
In der Reihe der Ausschnitte aus AICN Kritiken und Kommentaren, hier noch ein interessante Stellungsnahme von Quint, dessen Kritik wohl am meisten auf einige Schwächen des Rough Cuts hinwies. Klickt, wie auch bei den anderen Zitaten auf den Text um zum Originalartikel auf AICN zu gelangen:

Pacing and editing issues on this very rough cut aside, I can also see the good movie underneath. Like I said above, this movie has a whole lot of heart and it comes from a genuine place. It’s as much a coming of age story as it is a geek’s nostalgia piece. 2001 gets a lot of time, PLANET OF THE APES gets some love, SILENT RUNNING gets a lot of love. And, of course, STAR WARS.
(Quint über besagten Film)


*Ist übrigens auch nicht mehr das, was es einmal war. Neben den geächteten einsamen Existenzen gibt es jetzt den total hippen unhippen Geek oder Nerd. Die Stelle in O.C., in der Summer beim Durchblättern eines alten Jahrbuchs auf die zahlreichenBilder der Clubs trifft, in denen Seth Coen das einzige Mitglied war ("Ich wusste garnicht, dass es einen Club zur Erhaltung alter Filme gibt. ") war durchaus traurig. Aber irgendwie war Seth trotz seiner gut bekannten nerviger ADHS Art eine dieser zu coolen postmodernen Inkarnationen des "quasi-Außenseiters".

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