Sunday, December 31, 2006

EIN TAG WIE JEDER ANDERE


AM ABEND DES 26.:


Gerade sehe ich das Ende von WHITE OLEANDER. Ein Buddy-Film für Frauen. Eine Coming Of Age Geschichte. Auf jeden Fall ein Film den anzuschauen nicht der schlechteste Zeitvertreib an einem 26. Dezemberabend ist. Für mich ist der Film beinahe eine Art Feel Good movie. Nicht zu verwechseln mit solchen "die Welt ist gut -Alles ist super - Wir können wenn wir nur wollen" Filmen, wie "Tatsächlich Liebe" oder "E-mail für Dich".


Es ist eher ein Feel Good Movie, dass die Abgründe der Welt anreißt, allerdings keine wirklich neuen Einsichten vermittelt oder Wahrheiten kommuniziert. Es ist kein Film, den man sehen muss.
Alison Lohman ist super und Michelle Pfeiffers Rolle sehr beeindruckend. Hinzu kommt die Musik, die, da bin ich mir seit den ersten drei Takten sicher, eigentlich nur von Thomas Newman sein kann.


Der Film hinterlässt einen, das ist am wichtigsten, in einer Aufbruchstimmung, was nicht zuletzt daran liegt, dass er am Ende zwei Künstler in einer großen unbezahlbaren New Yorker Fabrikwohnung zeigt. Aber für solche Eskapaden sind Feel Good Movies ja da. Außerdem mussten unsere Protagonisten auch erst durch die foster home Hölle gehen um in dieses Loft zu kommen.

Aufbruchstimmung ist wichtig an einem 26. Dezember, wo man kurz davor ist, seinem Leben, die letzte Ölung zu erweisen und schonmal locker 12 Stunden mit nichts anderem als Essen, Schlafen, Fernsehen und einem Spaziergang von 15 Minuten, verbringt.

Was ich bei meinen Dateien fand (von vorherigem Jahr):

Neverland Season

Year by year you've been diving out of your christmas holidays in a seldom depressed mood, hopelessly heading for Sylvester or that little yearly neverland time that is by some germans entitled "zwischen den Jahren" ("between the years").
Every year, being the idealistic person that I am, i start off hoping for the best....

(Typisch angefangenes Zeuch. Ich wollte wohl die Leere der Weihnachtsfeiertage ausdrücken.)




Es fällt mir schwer mich an das vergangene Jahr zu erinnern. Ich glaube, dass ich im Januar äußerst beschäftigt war mit einer Hausarbeit, die ich, glaube ich, erst im Februar zu schreiben anfing. War mein Zimmer da schon eingerichtet?

Nicht zuletzt habe ich mich auch im Januar dazu entschieden nicht in Rs WG zu ziehen. Heute bereue ich das. Ich muss raus. Ich habe das Gefühl, dass ich eingehe, wenn ich noch länger hier wohnen bleibe.

Es gibt einfach zu viele schwere Ketten und Regeln. Es ist an der Zeit, dass ich mir meine eigenen Regeln mache anstatt nur die meiner Mutter zu brechen. (Die blaue Decke mit dem Schild nach unten zu benutzen, Geschirr abzuspülen, bevor ich es in die Spülmaschine stelle)

Viele Dinge in diesem Jahr waren kompliziert. Es ist kompliziert vor dem Computer zu sitzen und die Zugehörigkeit zu einer virtuellen Gruppe von Filmfans durch einen Kommentar in Englisch manifestieren zu wollen. Dann bin ich oft so verzweifelt und wünschte mir ich könnte einfach mal mit jemandem von diesen Menschen, die da am anderen Ende der Telefonleitung sitzen reden.
Mit meinem Bruder, dem ich viel Filminspiration zu verdanken habe und der beinahe die einzige Person in meiner Nähe ist, mit der ich mit geringem schlechten Gewissen über Filme reden kann, ist die Diskussion über Filme doch begrenzt.

Er will nicht so tief eindringen wie ich. Da ist dann doch das schlechte Gewissen da. Außerdem versteht er einige Dinge nicht. Er versteht nicht den Drang sich auf Internetseiten über Filme auszutauschen. Er versteht nicht möglichst viel von dem Herstellungsprozess eines Filmes erfahren zu wollen. Bis vor kurzem verstand er nicht, dass Synchronisation einen Film verändert und entstellen kann und dass ich englische Filme deshalb vorzugsweise im Original schaue. Er betrachtete das glaube ich als pretentiöse oder elitär.

Manchmal halte ich seine Meinung und Einstellungen für einfältig. Aber auch bei solchen Gedanken überkommt mich leicht ein schlechtes Gewissen. Zudem bin ich mir sicher, dass er nicht einfältig ist.




BORING


Heute hat er mir erzählt, dass er bei BLADE RUNNER eingeschlafen ist. Als Harrison Ford gerade durch irgendwelche Kulissen stolperte. So?



Ich hatte ihm zuvor erzählt, dass der Plot von BLADE RUNNER nicht allzu stark ist, und die Stärke dieses Films in dem Sog liegt, den die dichte audiovisuelle Atmosphäre erzeugt.
Er hält die Atmosphäre des Films für kalt.
Zunächst aber war da beispielsweise diese elend lange Fahrt mit dem Raumgleiter.


Wer will das heute noch sehen?

Der Film, den mein Bruder gesehen hat und kalt nennt, ist auch nur halb so lang wie meiner und der, den Ridley Scott gemacht hat.
Ich habe ihm gesagt, dass ich das für ein Problem halte. Obwohl ich Hans Magnus Enzensbergers Rede vom beliebigen Aufschlagen und Beenden der Lektüre schön befreiend finde, war mir der Absolutismus des Lesers und Betrachters, den sie in den Germanistikvorlesungen verkünden schon immer etwas suspekt.
Als Leser ist er befreiend. Als Regisseur würde ich mir allerdings wünschen, dass die Menschen zumindest ansatzweise das sehen, was ich mir ausgedacht habe. Es sieht eh jeder etwas anderes. Mindestens einmal das Geschaffene in voller Länge anzuschauen bevor man es bewertet ist einfach eine Art Respekt, den man den Künstlern zollen sollte.

So wütend und enttäuscht wie ich war, als mich mein Bruder erzürnt über sein Blade Runner Erlebnis aufklärte wurden doch auch einige Fragen offenkundig? Unter Vorraussetzung, dass jedes Filmerlebnis ein vollkommenes Subjektives und Persönliches ist muss man doch Grundsätze aufstellen, die ein Gespräch über Film fernab von Geschmacksfragen möglich machen. Oder will ich nur nicht warhaben, dass ein anderer Mensch, das, was ich schätze und als Inspiration empfinde grundsätzlich scheiße findet?
Oh, ich liebe es wenn er leidet.





Ab wann beispielsweise ist es erlaubt einen Film völlig abzulehnen? Gibt es bestimmte Merkmale und Eigenschaften, die einen Film dazu qualifizieren über dem Geschmack des Einzelnen zu stehen? Kann ich meinem Bruder´, wenn er eingeschlafen ist, mit dem Argument, dass viele Menschen diesen Film als Inspiration empfunden haben und er das Aussehen vieler Science Fiction Filme mitbestimmt hat, dazu bewegen den Film zu schauen? Wird ein Film intersubjektiv wichtiger wenn solche Merkmale vorhanden sind?

Und überhaupt, was ist das überhaupt für ein Argument (Scheinargument?) einen Film langweilig zu finden? Zählt das?
Aber zunächst mal zum einfach scheinendem Phänomen des Einschlafens.

Eigentlich heißt es ja in diesem Aphorismus, dass Schlafen im Kino bedeutet dem Film zu vertrauen, da das Kino der Nachbar der Träume ist.
Zudem gibt es ganze Unterhaltungsgenre, deren Konsumenten nur kaufen um einzuschlafen.


Ich bin vor kurzem bei einer der ersten Vorführungen von Tideland, einem sehr verrückten Film von Terry Gilliam, eingeschlafen. Dieses kleine Mädchen ist die Wucht. Wegen ihr würde es sich lohnen den Film anzuschauen. Und um einfach mal das abgedrehteste zu sehen, was man sich ...nicht...vorstellen kann. Und ich rede hier nicht von irgendetwas Lynchesquem. Nein. Das ist Terry Gilliam. Und wenn es bei Filmpostern darum geht das Gefühl des Films zu beschreiben ist dieses wohl sehr gelungen. Allerdings sollte der Baum brennen, während ein Güterzug heranprescht. In lila.



Nur Vorübergehend schlief ich ein, um dann das Ende wieder mitzuerleben. Dennoch war das Filmerlebnis ...interessant. Ehrlich gesagt ist es bei Tideland fast nebensächlich ob man mal einschläft oder nicht. Und schwups---da ist auch meine Einschlaflegitimation.





AM ANFANG DES ENDES:

Wie das Leben so spielt lernte ich in den letzten vier Wochen viele viele viele Menschen kennen, mit denen ich mich ungeniert über nichts als Filme unterhalten konnte. Ich danke Gott dafür. Ich hoffe, dass diese Bekanntschaften und Unterhaltungen noch weitere Früchte tragen werden.

Das Jahr hätte eigentlich nicht besser und keineswegs unkomplizierter aufhören können. Ich bin dabei zwei Filme zu machen. Dokumentationen. Ich muss all meine Energie und Disziplin zusammenbringen um diese Projekte so einzigartig und bedeutungsvoll wie möglich zu machen.
Was ich zur Zeit vor allem lernen möchte ist die Kommunikation mit meinen Filmpartnern. Grundsätzlich bin ich niemand, der Angst oder Hemmungen hat den Mund aufzumachen.
Allerdings mache ich mir manchmal zu viele Gedanken um die Vorstellung, die ich transportieren will, so dass aus meinen Formulierungen ein kleines Gestottere wird. Solange die Gedanken und Vorstellungen in meinem Kopf sind ist alles in Ordnung, bis ich sie jemandem näher bringen will.
Ich muss einfach diese dummen Selbstvorbehalte (unsinniger Neologismus) vergessen. Loslassen.
Auch sonst verlange ich von Menschen mit denen ich zusammenarbeite alles frei auszusprechen. Das muss ich einfach auch selbst tun. Ohne dumme Gedanken.
Ich muss einfach meiner Partnerin sagen, dass Musik manchmal etwas dem Bild Entgegengesetztes sein sollte und wir vielleicht nicht zu voreilig mit der Wahl der offensichtlichsten Musik sein sollten.

Zu meinen Entdeckungen in den vergangenen 12 Monaten gleich mehr.




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