Saturday, September 30, 2006

movies for neverland # 3 - MAGNOLIA



Author: Matt (hal-47) from Toronto, Canada
Magnolia is a film of epic proportions. A film that is our generation's. It's about real life, real people and real coincidences. These things happen, this is happening as Stanley Spector states. Magnolia is as perfect a film as you will see these days. P.T.'s camera acts as the protagonist, and the ensemble cast is one of the most solid in film history. Told in 24 hours, set up by a remarkable prologue and finished with a beautiful epilogue, Magnolia finds beauty in the darkness of life. In the redemption of the filth life sometimes brings us. It shows us that we are all connected through pain and suffering and sinning and yet, it does not give us this pessimistic view. Certain films cannot be described, they must be viewed and everyone should view this masterpiece!!!

MAGNOLIA
von Paul Thomas Anderson


Ich will in diesem Text nicht das tun, was sowohl Filmkritiker als auch Wissenschaftler gelegentlich verbindet.

Ich will nicht lügen. Ich weiß, dass das nicht nur ketzerisch sondern auch ungemein pathetisch klingt.
Dennoch ist es wichtig:
Ich habe noch nie in meinem Leben Short Cuts von Robert Altman in voller Länge gesehen. Nun, dies hat für den Leser, der sein Leben unnötig mit Film füllt eine ebenso ketzerische Bedeutung, wie meine Anfangsbemerkung für den, der sein Leben unnötig mit Wissenschaft füllt.

Magnolia ist ebenso wie Short Cuts ein Episodenfilm, der in L.A. spielt. Oft wird er mit Short Cuts in Verbindung gebracht.

Meine andere Einstiegswahrheit: Dieser Text entstand im Rahmen eines kulturanthropologischen Seminars.
Kulturanthropologen beschäftigen sich grob gesagt mit dem Mensch und seinem Lebensalltag. Kulturanthropologen schreiben Studien, die unser primitives Leben erklären wollen und die 200 Seiten mit dem füllen, was mir Verwandte über 70 als Wahrheit erklären.

Allen Anthropologen sei gesagt, dass Paul Thomas Anderson zwar keine Studie abgeliefert hat aber dafür ein filmisches Werk epischer Größe gefüllt mit kleinen Gesten der großer Menschlichkeit.

Wer diesen Film gesehen hat versteht uns besser:unsere Welt, unsere Kultur, unsere Träume, Ängste und Nöte.
Es ist derselbe Grund aus dem man Bücher liest, die vielleicht auch nach den ersten 60 Seiten enttäuschen, es ist der Grund aus dem man ungemein viel Geld ausgiebt um sich Six Feet Under DVD Boxen zu kaufen, es ist der Grund aus dem man in die Kirche geht.
Die Suche nach Wahrheit.

Allerdings lautet die Frage, die uns und P. T. Anderson unter anderem beschäftigt nicht unbedingt, warum wir sind.
Die Frage ist vielmehr, wie unser Leben so verdammt komisch sein kann. Nicht nur die Tatsache, dass wir überhaupt existieren, sondern die Art und Weise wie Milliarden von biologisch gezeugten, abstrakt denkenden Wesen auf dieser Erde leben.
Wir haben so viel Liebe zu geben. Und kaum haben wir einige Jahrzehnte gelebt gibt es so viel Bedauern in uns, so viel Enttäuschung.

Es gibt eine Szene in Magnolia, die Wahrheit ausspricht und diesen Film der kleinen Gesten so groß macht. Phil Parma, gespielt von einem (dies ist keine Floskel!) wunderbaren Philip Seymour Hofman ist der Pfleger, der den alten an Hirn- und Lungenkrebs leidenden Earl Partridge (R. Roberts) über die letzten Tage seiner Krankheit begleitet. Earl bittet Phil darum seinen Sohn ausfindig zu machen, mit dem er seit langer Zeit keinen Kontakt mehr hatte.

Earls Sohn Frank unterhält auf äußerst exzentrische Art und Weise ein Programm, mit Motivationsseminaren und ausgiebigen infomercials, das den Namen seduce and destroy trägt und zur Unterwerfung der Frau in der Beziehung beitragen soll. Als Phil einen Mitarbeiter von Franks Firma am Telephon hat versucht er ihm von dem Wunsch Earls seinen Sohn bevor er sterben wird noch einmal zu sehen überzeugen.

I know this sounds silly. And I know this may sound ridiculous, like this is the scene in the movie where the guy is trying to get hold of the long lost son. You know, but this is that scene.... this is that scene...and I think they have those scenes in movies because they're true. You know, because they really happen. And you gotta believe me this is really happening. I mean, I can give you my number, and you can go check with whomever you gotta check with and call me back, but do not leave me hanging on this. Alright....please. And just ...please.
See....see...this is the scene in the movie where you help me out.

Dieser Film ist voll von Szenen wie dieser.

Es ist wie als wolle uns Anderson mit all den ihm zur Verfügung stehenden Kräften von der Wahrheit seiner Geschichte überzeugen. Schaut her sagt er, meine Geschichte ist wahr.
Dann stört es auch nicht so sehr wenn manche Erzählstränge, zum Beispiel die des Polizisten Jim Kurry (John C. Reilly) einige Lücken aufweisen.

Magnolia bietet Wahrheiten über unser aller Leben. Manchen mag die Skurrilität einiger Geschehnisse abschrecken, doch diese Menschen kann ich nur mit der Tatsache vertraut machen, dass unsere Welt so ist.

Jon Brions Hörner, die diese Szene des Hasses, der Gefangenheit in unserer subjektiven, ganz eigenen Geschichte unterstreichen befindet man sich in einem Drama epischen Ausmaßes.
Am stärksten ist Magnolia in diesen Momenten des Schmerzes, in denen es Anderson gelungen ist, dass wir vollkommen eins werden mit den disfunktionalen Figuren seines Spiels. Dann steigt die Frequenz der Schnitte zwischen den Geschichten. Die Dichte steigt um ein weiteres. Dann fühlen wir mit den Figuren obwohl wir wissen wo ihre äußerst dämlichen Traumata liegen, aus denen sie wohl nur schwer ausbrechen können. Manche der Figuren aus Magnolia leben voll in ihrer eigenen Vergangenheit obwohl sie dieselbe leugnen.

Dann ist man sich sicher: Der sogenannte Episodenfilm. Der vollkommene Pluralismus der Erzählstränge ist die Königsdisziplin des Mediums, das sowieso ständig hin und her schneidet, wo Sprünge in Zeit und Raum sozusagen die Erzählung ausmachen.
Alles woraus ein Film gemacht ist fügt sich hier puzzleartig zu einem perfekten imperfekten Bild zusammen.

Magnolia erklärt die Traurigkeit, erklärt die Welt, die Verzweiflung in der wir uns manchmal befinden, die Sackgassen unseres Lebens.
Der Film beginnt ohne Vorgeplänkel mit einem Prolog, der in der Manier eines Dokumentarfilms aufbereitet ist und von dem wunderbaren Ricky Jay als Erzähler begleitet wird.


one is the loneliest number

Wenn Paul Thomas Andersons Kamera, insbesondere im Intro des Films, in dem die verschiedenen Hauptpersonen, Geschichten und deren Verwabungen vorgestellt werden, durch die Gänge und Räume schwebt und schwirrt hat man das Gefühl sich in einem von Richard Kellys Schicksals- und Zeitströmen zu befinden, die in Donnie Darko für Jake Gyllenhall sichtbar wurden. In atemberaubendem Tempo stellt die Einleitung in einem Geflecht an Einstellungen die verschiedenen Lebenssituationen der Protagonisten dar. Eine Montage quer durch den Alltag einiger Menschen in Los Angeles, Momentaufnahmen voller cinematischer Stärke. Und immer mit dem frauenfeindlichen Gelaber des Machomotivators Frank Mackey im televisionären Hintergrund. Das Fernsehen vereint uns eben alle.

Die junge instabile und einsame Claudia (Melora Walters), der Quizmaster Jimmy Gator, Stanley Spector, ein etwa 13 jähriger Junge, der in Gators Quizshow das amerikanische Fernsehpublikum beeindruckt. Aber ist er ein glückliches Kind? Die Kamera hetzt und an ihrem schnellen Auge vorbeiziehend verschwimmt die Umgebung. Im Hintergrund Amie Man's one. Die ganze Zeit. Oft laufen bei Anderson mehrere Tonspuren übereinander. Die sourcemusic, vielleicht auch der Wortdurchfall eines antifeministischen Fernsehpredigers, konkurriert da mit dem Filmsoundtrack und erzeugt eine magische Atonalität, eine Spannung, die symptomatisch für die Skurrilität ist, die Magnolia ausstrahlt. Die Skurrilität des Lebens.

Doch weiter geht es in der Ouvertüre mit dem "Quiz Kid Donnie Smith". Dessen Wohnzimmer ist leer. Stattdessen läuft dort die Show, in der Stanley Spector heute Fragen beantwortet und in der er selbst früher für Rekorde sorgte. Donnie befindet sich beim Kieferorthopäden um sich einen Abdruck für eine Zahnspange machen zu lassen. Weiter geht es zu dem, im Sterben liegenden ...

Ja, dies ist ein langer Film mit langen zwei Eingangssequenzen. Wer allerdings exzentrische Filmsprache zu schätzen weiß sich für Selbstgespräche führende, singende Charaktere und tiefe emotionale Filmmomente begeistern kann, für den ist Magnolia ein Fest.

Magnolia ist nicht wie jeder andere Film. Magnolia ist nicht wie irgendein anderer Film, den ich kenne. Die Themen, von denen der Film erzählt sind universal, grundlegend und intim zugleich. Die Bilder in denen der Film spricht sind exzentrisch, stark, innovativ und unverwechselbar.

Dass Anderson unverwechselbare Bilderatmosphären für einzelne Filme schaffen kann hat er auch mit seinem letzten Film Punchdrunk Love bewiesen. Ebenso wie Magnolia schuf er hier eigensinnige Montagen und Stimmungen, die aber für die gerade richtig waren um die Charaktere und deren Dilemmas und Seelenlandschaften darstellten.

Magnolia ist so nah am Leben, so nah, wie das Lachen, das sich in einem beim Anblick von Tom Cruises Charakter anabahnt, schnell in der Erkenntnis der Realität der Szene versickert.
Die Titelsequenz gleicht einem inhaltsüberladenem Musikvideo aber ist brilliant. Vor allem ist sie schnell, hektisch, so viel Gleichzeitigkeit und Konflikt, so viel Leben, so viel Schuld, Liebe und Hass in so kurzer Zeit. Das ist bildliche Dichtung. Leider ist das Tempo so schnell, dass man beim ersten Sehen wahrscheinlich einige brilliante Dinge garnicht wahrnehmen kann.

Andersons Kamerabewegungen sind jedoch keine pure Spielerei und werden nicht zum Selbstzweck. In einer Einstellung um Julianne Moores Charakter bspw., der jungen Linda, die mit dem großen und alten Fernsehmogul Earl Partridge, der nun im Sterben liegt, verheiratet ist. Die Kamera folgt in einer Einstellung von fünf Sekunden Lindas Telefongespräch mit dem Arzt und ihrem Weg durch mehrere Zimmer hinüber in den abgetrennten Teil des Hauses, in dem ihr Mann liegt.

Nur beiläufig gleitet die Kamera an Wänden und Raumabteilungen vorbei, unter anderem an einem endlos scheinenden begehbaren Kleiderschrank Lindas. Das alles in fünf Sekunden. Wer noch nie diesen unglaublich elektrisierenden Schub der Reizüberflutung gespürt hat kann ihn hier erleben.

Friday, September 29, 2006

RAUSCHEN

Zur Zeit gibt es auf meiner Festplatte etwa 30 angefangene Schriftdateien, die alle in der Möglichkeit und Unmöglichkeit der Zukunft darauf warten "veröffentlicht" zu werden. Naja, eigentlich ist die Veröffentlichung nicht der Schlüsselpunkt des Ganzen.
Es ist das Ende.

Die Tatsache, dass ich mir ein Stück vornehme und es zu einem Ende führe. Dies geschieht nicht.
Im Gegenteil: Wie bei einer Kernspaltung entstehen jeden Tag neue Teilchen, Ideen, Worte und Sätze. Aber sie beginnen nur und entstehen nicht wirklich.
Sie wachsen nicht aus.

Und ich sehne mich danach in mein Tagebuch zu schreiben. Warum gibt es noch kein Interface, dass den Anschein eines meiner normalen Tagebücher erweckt. Das, man behandeln kann wie ein Stück Papier. Der Text sollte dann automatisch in die Weiten des Äthers (was heißt das überhaupt. Nachschlagen!) gesandt werden. Sollte es?

Eigentlich habe ich, seitdem ich das Tagebuchschreiben vor einigen Jahren begann, immer daran gedacht, dass jemand dieses Buch und meine Gedanken finden wird. In meiner Vorstellung würde eine Person in unserem Garten stehen und das Buch, das es eventuell aus Schichten der Vorzeit herausgegraben hat, lesen.

Diese Vorstellung ist ziemlich dreist und vielleicht auch narzistisch. Vielleicht veräußert sie einen inneren Wunsch nach jemandem der zuhört, auch wenn dieser jemand, sich einige Generationen entfernt befindet. Vielleicht leiden wir einfach nur unter einem Aufmerksamkeitsentzug und Einsamkeit, oder unter Narzismus, der zu letzteren Ideen über die eigene Situation führt, und wollen uns jemand anderem mitteilen.

Und irgendwie zeigt sich in diesem Generationen umspannenden Akt ja auch eine Idee von Unendlichkeit. Vom Weiterleben einiger Ideen, nebensächlicher Gedanken, die so wichtig erscheinen, Vorstellungen von wunderschönen Männern, Obsessionen, Idole (über letztere Dinge habe ich viel, vielleicht zuviel in meine Bücher und in meinen Blog geschrieben.) oder Dinge, die man für wirklich wichtig hält und deshalb in der Welt verbreiten muss. Wir leben länger durch die Worte, die wir aus dem Sumpf und schönen Becken der Zeichen, die die Menschen bis heute erschaffen haben, wählen.

Andererseits könnte man fragen, warum wir in allen kläglichen Einzelheiten, diese Bedeutung des Ewigen, Un-endlichen suchen, dessen, was kein Ende kennt. Weil wir in unserem tiefsten Inneren das Wissen um die Endlichkeit aller D I N G E verleiht bekommen haben?

Jetzt habe ich das Gefühl das der Gedankengang etwas zuweit führt. Dennoch stimmt, dass es eine Verbindung zwischen dem Gedanken des Weiterlebens und der Speicherung von Wissen gibt und dem, was wir tun. Sei es, Internetblogs oder materiale Papierseiten, die wahrscheinlich sogar gebunden sind mit Worten, Gedanken ...... (siehe oben) zu füllen.

Vielleicht ist die Wahrscheinlichkeit, dass es diesen jemand, den Leser, gibt, beim Bloggen genau so hoch oder niedrig wie beim Verfassen eines normalen Tagebuchs.

Aber zurück zu den unfertigen Texten. Denn es gibt die Zeit, die in meinem Kopf zwar manchmal stehnzubleiben scheint aber im wirklichen Leben rasant vorran schreitet. Menschen werden älter, Ideen werden älter, Filme werden 25 Jahre alt (Raiders), Filme werden geplant, umgesetzt, kommen ins Kino. Und ich stehe daneben und der Zug der Dinge rauscht an mir vorbei. Aber ich will doch auch was dazu sagen.....:(

Der Schluss ist so scheiße, dass ich mir von nun an alle Peinlichkeiten erlauben kann.